Privatinvestoren können nicht Aufgaben der Stadt übernehmen, wenn es z.B. um Bürgerbeteiligung bei Bauvorhaben geht. De facto hat man allerdings den Eindruck, dass genau das sich über die Jahre in München so eingeschlichen hat. Dirk Höpner, Stadtrat der München-Liste und Planungspolitischer Sprecher der Fraktion ÖDP/FW, hat gemeinsam mit seinen FraktionskollegInnen am 17.02.2021 im Stadtrat beantragt:
Antrag: Städtische Planungshoheit von privaten Investoren zurückholen!
Die Durchführung aller Planungsschritte, Wettbewerbe und der Bürgerbeteiligung zur Stadtentwicklung und zur Bauleitplanung sowie die Erstellung von Gutachten und sonstigen fachlichen Stellungnahmen zu diesen beiden Bereichen erfolgt in Zukunft durch die Stadtverwaltung oder von ihr beauftragte, unabhängige Fachbüros, nicht mehr durch private Investoren, die ein Interesse an der Durchführung der Vorhaben haben und daher nicht objektiv sein können.
Gutachten und sonstige fachliche Stellungnahmen sind unmittelbar nach Eingang bei der Stadtverwaltung öffentlich, leicht erreichbar und barrierefrei auszulegen. Rechtsgrundlage hierfür ist die Informationsfreiheitssatzung der Stadt München.
Ziel ist maximale Transparenz für die Öffentlichkeit, die Sicherstellung der rechtlich maximal zulässigen Mitwirkungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger und Stadtteilgremien und echte Objektivität bei den Gutachten und ähnlichen fachlichen Stellungnahmen, die als Entscheidungsgrundlagen für den Stadtrat und seine Ausschüsse dienen. Dies sind zentrale Voraussetzungen für den Erhalt bzw. die Rückgewinnung von Vertrauen der Münchnerinnen und Münchner in Politik und Verwaltung in Angelegenheiten der Stadtentwicklung und der Bauleitplanung.
Begründung:
Die grundgesetzlich bzw. landesverfassungsrechtlich garantierte kommunale Planungshoheit mit Leben zu füllen, ist ureigenstes Recht und ureigenste Aufgabe der Kommunalpolitik sowie der Stadt-und Gemeindeverwaltungen. Sie darf nicht in private Hände abgegeben werden. Genau dies hat sich aber in einem schleichenden Prozess über die Jahre so eingebürgert. Hier müssen wir gegensteuern. Kommunale Rechte, Aufgaben und Angelegenheiten und solche von Privatinvestoren müssen klar voneinander abgegrenzt werden, und dies muss für die Bürgerinnen und Bürger auch klar erkennbar sein.
Bei der Bürgerbeteiligung haben sich in letzter Zeit Formate etabliert, die keine echte Beteiligung ermöglichen, sondern eher dem Marketing der Investoren dienen und nur selektiv informieren, also im Sinne des Investors (oft mithilfe bezahlter Lobby-und PR-Dienstleister). So ist bei vielen der Eindruck entstanden, dass das Ergebnis dieser ‚Beteiligung‘ schon vorher feststeht: Der Antragsteller darf bauen, wie er will und so viel er will; eine Bürgerbeteiligung dieser Kategorie bewirkt maximal kosmetische Veränderungen an den Plänen der Investoren. Dieser Eindruck führt zu Resignation und Politikverdrossenheit. Für die Bürgerinnen und Bürger ist oft nicht einmal erkennbar, ob es sich um ein offizielles Beteiligungsverfahren handelt oder nur um eine Marketing-Aktion des Investors.
Wir möchten ergänzend gern auf einen konstruktiven Antrag der Fraktion Die Grünen/Rosa Liste aus der vergangenen Wahlperiode (16.12.2019)(1) hinweisen, der ebenfalls diese Zielrichtung verfolgt. „Informationsveranstaltungen von Investoren sind kein Ersatz für eine geregelte Bürgerbeteiligung unter der Ägide der Stadt“, heißt es darin.
(1) Grünen-Antrag https://www.muenchen-transparent.de/antraege/5813564