‚München platzt aus allen Nähten‘, titelt der Münchner Merkur am 30.12.2020. Nichts Neues also. Und so will Innenminister Joachim Herrmann darauf reagieren: „bezahlbarer Wohnraum“ (so weit, so gut) „und attraktive Arbeitsplätze“. Da fragt sich: Wenn diese Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen werden sollen, sodass noch mehr gut verdienende Arbeitnehmer herziehen – woher soll dann die Entlastung für München und seine Mieter kommen?
Herrmanns Stimmkreis liegt in Erlangen, also weit genug weg von den Dramen, die wir als Bewohner der ‚aus allen Nähten platzenden Stadt‘ seit Jahren täglich erleben, von Wuchermieten (durch gutbezahlte Inhaber attraktiver neuer Arbeitsplätze weiter nach oben getrieben) über desolaten ÖPNV bis hin zu wütenden Bewohnern des Oberlands, weil die Ausflüglerzahlen offenbar mit den Zuzüglerzahlen korrelieren.
Trotzdem sollen immer mehr Menschen in München gestapelt werden, denn wenn in der Fläche nichts mehr geht, baut man halt nach oben, und da wird Bauen erst richtig teuer. Dass all‘ diese Menschen sich im öffentlichen Raum bewegen und Infrastruktur benötigen vom Schulplatz bis zum Klinikbett, wird ausgeblendet. Deshalb reicht es auch nicht, wie der Innenminister vorschlägt, dass „auch mehr Menschen von zuhause aus arbeiten und weniger pendeln“. Ein Leben in München besteht nicht nur aus Arbeit. Außerdem ist die ganze Region überlastet und überteuert, inklusive Alpenvorland.
Gerade der Innenminister umgibt sich mit Personen, die den Bau-Irrsinn im hochpreisigen Segment und Zuzug von immer mehr Gutbetuchten weiter anheizen, was u.a. hervorgeht aus einem Bericht der SZ vom 02.12.2020 (‚Der geheimnisvolle Wald – Über eine ausgebremste Bürgerinitiative und einen Minister, der heimlich mit einem Lobbyisten durch den Wald geht.‘ ). Der Beitrag widmet sich der Rolle des Münchner Lobbyisten und PR-Unternehmers Stephan Heller (Heller & Partner) bei einem Tourismusprojekt der Firma Center Parcs am fränkischen Brombachsee. Heller vertritt zu einem großen Teil Kunden aus der Bau- und Immobilienbranche. Der Innenminister ist bei Veranstaltungen von Heller zu Gast und wirbt sogar prominent für ein von Heller verfasstes Buch mit dem Titel ‚Einfluss nehmen‘.
In dem sehr lesenswerten SZ-Bericht heißt es: „Es war ein handverlesener Kreis, der sich … in einem streng abgeschirmten Wald nahe des Dorfes Langlau …traf: Der Landrat und der Bürgermeister, …. Sie begleiteten einen prominenten Besucher beim Waldspaziergang: Joachim Herrmann, den bayerischen Innenminister. Und dann war noch ein Mann dabei, dessen Anwesenheit im Nachhinein Fragen aufwirft und Misstrauen nährt. Er heißt Stephan Heller und ist PR-Unternehmer in München.“
„Er und Herrmann kennen sich seit Jahrzehnten, wie Heller bestätigt“, schreibt die SZ über den Innenminister.
Was die Zeitung weiter berichtet, kommt so vielen Münchner Bürgerinitiativen sehr, sehr bekannt vor, aus bitterer eigener Erfahrung: Man kommt nicht an Informationen heran, wird ausgesperrt. „Wie kann es sein, dass ein Center-Parcs-Lobbyist Seit‘ an Seit‘ mit dem Minister durch den Wald spazieren darf, einer Bürgerinitiative aber der Zutritt zu dem Gelände verwehrt wird? Und warum die Heimlichtuerei? Minister, Landrat, Bürgermeister – niemand hielt es für notwendig, die Öffentlichkeit über den Minister-Besuch zu informieren.“