Bürgerbeteiligung – was ist das, und was darf man sich davon erwarten? Die Wahrnehmung der Bürgerinitiativen, die sich z.B. für weniger Beton und mehr Grün einsetzen oder ihr Quartier vor Luxussanierung zu bewahren versuchen, und die Sichtweise von Stadtbaurätin Elisabeth Merk klaffen nach wie vor weit auseinander. Wie weit, das wird den BI’s in der Zeitschrift ‚Standpunkte‘ (Ausgabe 10/11.2020) des Vereins ‚Münchner Forum‘, der sich mit Stadtentwicklung befasst, einmal mehr deutlich.
Auf Seite 3 sagt Merk: „Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe heißt, die Bereitschaft auf beiden Seiten sich auf Konsens zu fokussieren und trotzdem einen Dissens zulassen zugunsten einer gemeinsamen Zieldefinition.“
Die Bemerkung steht neben einem Beitrag von Anne Hogeback, Leiterin des PlanTreff, einer von der Stadtverwaltung betriebenen ‚Plattform‘ zur Stadtentwicklung. Der PlanTreff veranstaltet Ausstellungen, Workshops, Dialoge und soll die Akteure der Stadtentwicklung ‚zusammenbringen‘.
Unser Fazit: Klingt alles schön, nutzt aber wenig bis garnichts. Denn am Ende ziehen die BI’s in der Regel den Kürzeren. Immer mehr Grünflächen, Hinterhöfe, Baudenkmäler verschwinden in der ‚Klimanotstand‘-Stadt München unter Beton.
Was bringt eine ‚Beteiligung‘ von Bürgern, die letztlich nur Alibi-Funktion hat, wenn die Bauprojekte trotzdem gnadenlos durchgezogen werden?
Detlev Sträter, Vorsitzender des Programmausschusses beim Münchner Forum, schreibt auf Seite 1, was der eigentliche Knackpunkt ist:
„Bei aller Zufriedenheit über die Vielzahl von Angeboten für formelle und informelle Bürgerbeteiligung heute ist aber auch festzuhalten, dass der Einfluss des ‚großen Geldes‘ auf die Stadtplanung und Stadtentwicklung in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen hat. Die Umprägung der Stadt als Lebensraum ihrer Bewohner zum Ort hochverzinslicher Kapitalverwertung ist in vollem Gange.“
Wo dermaßen starke finanzielle Interessen im Spiel sind, beißen sich Bürgerinitiativen meist die Zähne aus. Trotzdem: Aufgeben ist keine Option! Immerhin ist das Wachstumsproblem inzwischen auf der politischen Agenda angekommen.
Experten zeigen den Weg auf, um Druck vom Münchner Wohnungsmarkt zu nehmen:
Prof. Holger Magel, Ehrenpräsident der Akademie Ländlicher Raum und ehemaliger Chef der Ländlichen Verwaltung im Landwirtschaftsministerium, und Stephan Kippes, Professor für Immobilienmarketing an der Hochschule Nürtingen-Geislingen und Marktforscher, sagen im Münchner Merkur/TZ ganz klar, was passiert, wenn die Stadt bei ihrem Dogma ‚Bauen, Bauen, Bauen‘ bleibt: „Je mehr Wohnraum man schafft, desto mehr ziehen nach.“
Die Lösung (die auch wir von der München-Liste seit langem fordern): Eine Strukturpolitik auf Landes- und Bundesebene, die Anreize für Unternehmen setzt, sich besser übers Land zu verteilen, und den ländlichen Raum mit Jobs und Infrastruktur massiv aufwertet, um München vom Zuzug zu entlasten. Weg von der bisherigen, München-zentrierten Metropolpolitik.